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Feldpostbriefe - Lettres de poilus

»... wer fällt, der stirbt den Heldentod«

Mit Feldpostbriefen erinnern Deutschlandfunk und Radio France montags bis freitags an den Ersten Weltkrieg - das Material schickten Hörerinnen und Hörer

Begrifflich bilden die beiden Weltkriege, die Europa in diesem ausgehenden Jahrhundert heimgesucht haben, ein Zwillingspaar. Dessen ungeachtet denkt man in Deutschland, wenn vom Weltkrieg die Rede ist, aus vielerlei Gründen zuallererst an den Zweiten Weltkrieg. In Frankreich ist das anders. Für die Franzosen ist der Erste Weltkrieg »la grande guerre«, der Große Krieg, der seinen festen Platz im Buch des nationalen Stolzes hat.

Bei allen Unterschieden in der Auffassung überwiegt ein gemeinsames Grundverständnis: Nach einem Wort des amerikanischen Diplomaten George F.Kennan war der Erste Weltkrieg die »Urkatastrophe des 20.Jahrhunderts«. Von ihm nahm alles seinen Ausgang. Ohne ihn wäre es zu der Tragödie, die mit dem Jahre 1933 begann, nicht gekommen. Ohne ihn hätte es kein Hitler-Reich gegeben, auch kein Sowjetimperium, keine KZ's, keinen Gulag.

Im Wald von Compiègne unterzeichneten der Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte, General Foch, und der Reichstagsabgeordnete Erzberger am 11.November 1918 die Waffenstillstandsbedingungen. Damit waren die Kriegshandlungen zu Ende, die auf beiden Seiten zusammen schätzungsweise 3,2 Millionen Soldaten den Tod gebracht hatten.

An die 80.Wiederkehr des Waffenstillstands erinnert eine neue Serie des Deutschlandfunks. Das Besondere daran ist zunächst die Form: Statt auf historische oder militärische Analysen stützt sich die Serie auf subjektive Eindrücke, vermittelt in Briefen von der Front an die Heimat und umgekehrt. Die zweite Besonderheit: Es handelt sich um Briefe sowohl deutscher wie französischer Soldaten. Denn die Serie wurde zusammen mit Radio France geplant und produziert. »Gestiftet« hat diese in ihrer Art erstmalige Kooperation das Deutsch-Französische Jugendwerk.

Es sind die Hörerinnen und Hörer beider Radioprogramme, die den »Stoff« für die Serie geliefert haben. Radio France und der Deutschlandfunk riefen im Frühjahr die Hörerschaft auf, Feldpostbriefe von Angehörigen zur Verfügung zu stellen. Im Deutschlandfunk war es der ehemalige Bundesaußenminister Genscher, der den Aufruf sprach. Das Echo war erfreulich groß. Tausende Briefe erreichten die Funkhäuser in Paris und Köln. Wie zu erwarten war die Auswahl, die von namhaften Historikern und von beiden Redaktionen getroffen wurde, außerordentlich schwierig. Diejenigen Einsender, deren Material nicht berücksichtigt werden konnte, bitte ich an dieser Stelle um Verständnis.

Der Deutschlandfunk startet mit der Serie »Feldpostbriefe - Lettres de poilus« am 2.November. Vier Wochen lang, jeweils montags bis freitags, werden die Briefe deutscher und französischer Soldaten in den »Informationen am Morgen« (immer ab 8.20 Uhr) präsentiert. Die Hörbilder lassen durchaus Unterschiede kenntlich werden, es überwiegen jedoch die Gemeinsamkeiten: dasselbe Schicksal, dieselben Empfindungen.

Wir können uns heute kaum vorstellen, mit welcher Begeisterung die Soldaten 1914 in den Krieg zogen, hier wie dort, überzeugt von der Gerechtigkeit der eigenen Sache und im festen Glauben an einen ruhmreichen Sieg nach kurzem Feldzug. »Es ist eine herrliche Zeit«, schreibt am 10.August 1914 ein 35jähriger deutscher Hauptmann seiner Frau. »Wir sitzen lange Strecken auf den Maschinengewehren, die auf den offenen Wagen stehen. Wie einer sagte: ›Man sieht nochmals alles, was man verteidigen soll.‹ Unendliche Mengen von guten Dingen auf den Verpflegungsstationen, enorme Begeisterung überall. Wenn Du noch dabei wärst, wäre es die schönste Reise, die ich je gemacht habe.«

Ähnlich ein französischer Reservist, der bei Agen im Südwesten mobilisiert wurde. »Alles ist ruhig, man könnte meinen, daß es ins Manöver geht. Die Hinweisschilder weisen von Agen nach Berlin, und die Haut Wilhelms (des deutschen Kaisers, Anm.) wird eines Tages zum Verkauf anstehen. Ich habe meine alten Kameraden gesehen, jeder ist froh, nach Deutschland zu ziehen.«

Man kam nicht nach Deutschland. Im Osten Frankreichs erstarrte der Feldzug bald im Stellungskrieg. Sinnloses Blutbad setzte ein, fern allen Heroismus. Am 11.November 1915 kommentiert ein »Feldgrauer« sarkastisch die Nachrichten aus der Heimat: »Da wird nun die Stadt beflaggt. Alles brüllt Hurra, wenn ein Sieg errungen ist. Aber was damit verbunden ist, bleibt außer Acht. Daß hunderte Leichen herumliegen, in den Drahthindernissen hängen, überhaupt, wie ein Angriff zugeht, daran wird nicht gedacht. Und wer fällt, der stirbt den Heldentod. Auch ein schönes Wort, das hier keinen Anklang mehr findet. Das war einmal!«

Für die Redaktion der Briefe zeichnen Ursula Welter und Christoph Heinemann verantwortlich, für die Produktion Karl-Heinz Stevens und Genia Hoppenrath. Die Musik stellte Ludwig Rink zusammen. (Zu dieser Sendung erscheint auch eine CD;)

Günter Müchler

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